In 14 Tagen um die Welt: 80 Kinder mit Diabetes und ihr „Doc Milek“
KiDS-Kurs gewinnt den mit 5.000 Euro dotierten 2. Platz beim FINE STAR 2010, dem Bayer Preis für kreative Kinderdiabetesprojekte
Nach monatelangen Verhandlungen mit der Krankenkasse kam im vergangenen Juni endlich die Zusage. Vier Wochen später durfte der 8-jährige Niklas seinen Koffer packen und zu einer abenteuerlichen Reise aufbrechen: In einem Feriencamp im brandenburgischen Schlaubetal schlürfte er englischen Tee wie in London und ließ sich amerikanische Hot Dogs schmecken. Er machte eine Safari durch den brandenburgischen „Dschungel“ und saß am Lagerfeuer wie die Indianer. Er lauschte gespannt den gruseligen Vampirgeschichten aus Transsilvanien und genoss im Freibad den Hochsommer wie an der brasilianischen Copacabana. Gemeinsam mit 79 anderen Kindern entdeckte Michael in 14 Tagen die Welt. Das Ziel seiner phantasievollen Reise um den Globus war die Erkenntnis: „Ich kann über Grenzen gehen und alles schaffen“ – trotz Diabetes im Gepäck.
Doc Milek und das „Unternehmen“ KiDS-Kurs
Seit 19 Jahren organisiert der Diabetologe Dr. Karsten Milek den KiDS-Kurs, ein zweiwöchiges Ferienlager für rund 80 Kinder und Jugendliche mit Diabetes. Die Idee stammt aus den Tagen der DDR, als Ferienfreizeiten für chronisch kranke Kinder eine selbstverständliche Leistung der Krankenkasse waren. Nach der Wende setzte sich die damalige Gesundheitsministerin Regine Hildebrandt für die Fortführung der Camps ein und fand 1992 in dem damaligen Assistenzarzt Milek einen engagierten Mitstreiter. Doch um das „Unternehmen“ KiDS-Kurs am Leben zu erhalten, musste dieser von Anfang an viele Hürden überwinden – und bis heute bei den Krankenkassen eine Menge Überzeugungsarbeit leisten. Damit 80 Kinder teilnehmen können, muss der niedergelassene Diabetologe viele Details minutiös planen, jedes Jahr hunderte Krankenkassen-Anträge ausfüllen, zahllose Gespräche führen, Briefe schreiben und Eltern Mut zusprechen. Doch wenn es um „seine“ Kids geht, gibt Doc Milek, wie ihn hier alle nennen, nicht auf. Und weil noch immer einige Krankenkassen das Camp für ein „sozialistisches Experiment“ halten, hat er gemeinsam mit seiner Frau, der Gesundheitswissenschaftlerin Dr. Susanne Milek, sogar eine Studie durchgeführt, die dessen medizinischen Nutzen untermauert. Der KiDS-Kurs ist Karsten Mileks „Baby“. Für Kinder und Jugendliche bewältigt er jedes Jahr auf`s Neue dieses Mammutprojekt, denn, so der vierfache Vater: „Sie sind die wichtigste und ehrlichste Patientengruppe und brauchen unsere Hilfe bei der Bewältigung des Diabetes“. Für seinen Einsatz wurde dem Diabetologen bereits 2004 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Jetzt kann er sich über eine weitere Würdigung freuen: 2010 wurde der KiDS-Kurs mit dem zweiten Platz des FINE STAR Bayer-Preises für kreative Kinderdiabetes Projekte und einem Preisgeld von 5.000 Euro ausgezeichnet.
„Mehr als 1500 Kinder konnten bisher an den Camps teilnehmen und viel Mut, Kraft und Wissen für den täglichen Umgang mit dem Diabetes tanken. Das enorme persönliche Engagement, die Organisationsleistung und die Kreativität, die hinter dem KiDS-Kurs stecken, haben uns begeistert“, begründet Claudia Geis, FINE STAR-Jurymitglied und Leiterin von Bayer Vital/Diabetes Care, die Entscheidung.
Weltreisende, Pokemons und Ritter treffen sich im „MedPunkt“
17. Juli 2010, Ankunft in der Jugendherberge „Bremsdorfer Mühle“ im brandenburgischen Schlaubetal: Nach einem ausführlichen Aufnahmegespräch heißt es auch für Niklas Abschied nehmen von seinen Eltern. Zwei Wochen lang werden die Kids im Alter von sechs bis 16 Jahren fern von zu Hause sein – manche zum ersten Mal in ihrem Leben. Viele von ihnen müssen erst lernen, eigenverantwortlich und selbständig mit dem Diabetes umzugehen. „Nicht jedes Kind ist am Anfang von dieser Idee begeistert“, berichtet Dr. Karsten Milek, „doch spätestens nach ein paar Tagen knacken wir sie alle“. Beim KiDS-Kurs gibt es Regeln, deren Befolgung oberste Pflicht ist – besonders, wenn es um die disziplinierte Einhaltung der Therapie geht. Dabei unterstützt und hilft den Kindern ein 26-köpfiges Team aus Diabetologen, Medizinpädagogen, Diabetesberaterinnen, Diätassistentinnen und MTA. Ihre Basisstation ist der „MedPunkt“, eine Art mobile Diabetesklinik. Rund um die Uhr sind die Betreuer hier im Einsatz, um im Camp eine medizinische Versorgung zu gewährleisten, die mit einem stationären Aufenthalt vergleichbar ist. „80 Kinder mit Diabetes gleichzeitig zu verpflegen, ist schon eine logistische Herausforderung“, erklärt Doc Milek. Doch dabei bleibt es nicht. Auf dem Programm stehen vor allem Spiele, Radtouren, Ausflüge, Lagerfeuer, Wettkämpfe und – fast unbemerkt – auch altersspezifische Diabetes-Schulungen. Während die Kleinen spielerisch lernen, was es mit Über- und Unterzuckerung auf sich hat, stehen bei den Großen Themen wie „Liebe, Sex und Zärtlichkeit“ oder „Diabetes und Drogen“ hoch im Kurs. Das persönliche Erlebnis der Kinder, in der Gemeinschaft sportliche und persönliche Herausforderungen zu bestehen, verbunden mit intensiver medizinischer Betreuung – das sind die Erfolgsfaktoren des KiDS-Kurs. Jedes Jahr findet das Projekt unter einem neuen kreativen Motto statt. So schlüpften die Kinder in die Welt von Rittern, Indianern oder Pokemons. Sie lebten im All und unter Wasser, feierten den Superstar oder die Mini-WM. Immer dabei: Diabolus, das kleine teuflische Maskottchen, das die Kinder und Jugendlichen auch im vergangenen Jahr begleitete – bei ihrer „Reise“ um die Welt. Dass jedes Motto mit Phantasie, Spaß und viel Leben erfüllt wird, dafür sorgen auch die vielen ehrenamtlichen Helfer, die zum Teil früher selbst einmal Teilnehmer waren. Als Betroffene haben sie stets ein offenes Ohr für die großen und kleinen Sorgen der Kids und sind wichtige Vorbilder. Die Kinder und Jugendlichen sollen sehen, dass sie trotz der Erkrankung in jeder Beziehung erfolgreich sein können.
Nach dem Kurs ist vor dem Kurs
Fremde Länder, ereignisreiche Ausflüge und leckeres Essen – eine Weltreise schweißt zusammen. Und so flossen beim großen Abschlussfest des KiDS-Kurs auch im letzten Sommer viele Abschiedstränen. Spätestens beim nächsten KiDS-Kurs wollen sich alle wieder treffen, dann wird das Ferienlager zum 20. Mal stattfinden. Und Doc Milek? Seit die Zelte im Schlaubetal abgebrochen wurden, verhandelt er wieder mit den Krankenkassen und streitet mit ihnen für die jungen Diabetespatienten um eine altersgerechte Schulung außerhalb der Klinik. Damit 80 Kids wie Niklas in 2011 dabei sein dürfen, wenn es heißt: Manege frei für den „Circus Diabolus – Best of 20 Jahre KiDS-Kurs“.
Pressemitteilung und Bildquelle: Bayer Vital GmbH, 21.01.2011
1 Kommentar:
"Herzlichen Glückwunsch" von mir hätten Sie den ersten Preis bekommen!
Kommentar veröffentlichen