Diabetes mellitus ist mit bundesweit etwa acht Millionen Betroffenen eine der großen Volkskrankheiten in Deutschland. Die Vorbeugung der Stoffwechselerkrankung bei Kindern und Erwachsenen sowie Therapien für Menschen mit Diabetes Typ 1 und Typ 2 sind Schwerpunkte der 46. DDG-Jahrestagung, die dieses Jahr unter dem Motto steht „Perspektiven Leipzig 2011: Dialog – Erfahrung – Gewinn“.
Jährlich erkranken etwa 2500 Kinder und Jugendliche in Deutschland neu an Diabetes Typ 1. Ist die Stoffwechsellage bei Patienten im Kindesalter meist gut, verschlechtert sie sich häufig mit Eintritt in die Pubertät. Ursachen sind neben hormonellen Veränderungen die abnehmende Motivation für die extrem Disziplin fordernde Insulintherapie. Dies führt zu Konflikten mit Eltern, aber auch zu Spannungen beim Termin in der Diabetesambulanz. Experten diskutieren bei der diesjährigen Tagung in Leipzig darüber, wie sie jugendliche Patienten altersgerecht beraten können. Die 46. Jahrestagung der DDG findet vom 1. bis 4. Juni 2011 im Congress Centrum Leipzig statt.
Die Pubertät ist eine Zeit der Veränderung: Jugendliche machen nicht nur einen körperlichen Wandel durch, auch ihre Identität entwickelt sich in großen Schritten. Teenager mit Diabetes Typ 1 stehen in der Pubertät zusätzlich vor der Herausforderung, ihre chronische Erkrankung und die damit verbundene lebenslang notwendige Insulintherapie akzeptieren zu müssen. Ungefähr sechsmal täglich müssen sie Blutzucker messen, die Kohlenhydrate ihrer Nahrung und die notwendige Insulinmenge berechnen und spritzen - ‚Urlaub vom Diabetes’ gibt es nicht. Die Insulintherapie gibt dem Leben einen ganz eigenen Rhythmus vor, und dieser besteht immer, ob im Alltag und auch am Wochenende, Tag und Nacht. Gelingt es nicht, die Insulintherapie als zu meisternde Herausforderung im Leben zu sehen, kommt es nicht selten zu einem Nachlassen in der Therapiedurchführung und durch das Fehlen von Insulingaben zu einer verschlechterten Stoffwechsellage. Auf lange Sicht führt dies zu den gefürchteten diabetesbedingten Folgeschäden.
„Bis zur Pubertät sorgen die Eltern als Manager der Erkrankung dafür, dass ihre Kinder zumeist sehr regelmäßig spritzen und eine gute Stoffwechsellage und auch eine altersgemäße Selbständigkeit in der Therapieführung erreichen“, erklärt Dr. med. Simone von Sengbusch, Kinder- und Jugendärztin und Diabetologin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin in Lübeck. Mit Beginn der Pubertät und dem Wunsch nach einem selbstbestimmten Umgang mit dem Diabetes vernachlässigen viele Jugendliche ihre Therapie. Sei es, weil nun neue Interessen ihren Tagesablauf bestimmen, weil sie nicht mehr ‚anders’ als ihre gesunden Altersgenossen essen und leben möchten oder die Erkrankung einfach noch nicht zu ihrem sich entwickelnden neuen Selbstbild passt. „Oft kommen Eltern frustriert in die Diabetessprechstunde, weil ihre Kinder plötzlich Hobbys und vor allem die Zugehörigkeit zu ihrem Freundeskreis stärker in den Vordergrund rücken als ihre Insulintherapie“, berichtet die Diabetologin. „Dies führt zu Frustration und auch Streit zwischen Eltern und Teenagern, der sich manchmal in den Sprechstunden fortsetzt“.
Ärzten und Diabetesberatern verlangen solche Situationen besonderes Einfühlungsvermögen sowie gute kommunikative und pädagogische Fähigkeiten ab. Diplompsychologin Louise Marshall rät ihnen, sich explizit den Teenagern zuzuwenden. „Das Gespräch muss mit den Jugendlichen stattfinden und nicht über sie. Die heranwachsenden Patienten müssen sich als Verhandlungspartner ernst genommen fühlen.“
Wie sich schwierige Situationen bei der Beratung von Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 und ihren Eltern überwinden lassen, ist daher Thema des Symposiums „Diabetes Teen Talk“ auf der 46. Jahrestagung der DDG vom 1. bis 4. Juni 2011 in Leipzig.
Quelle: idw
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